Fastenzeit ist Starkbierzeit
Die 5. Jahreszeit beginnt in Bayern mit der Fastenzeit am Aschermittwoch und dem traditionellen Genuss von Starkbier. Nach dem Karneval - lat. Carne vale – Fleisch lebe wohl – wird eine 40-tägige Fastenzeit eingeläutet, welche bis Ostern andauert. In einer früheren Zeit galt der Verzicht auf den Genuss von Lebensmittel wie z. B. Eier, Milchprodukte, Fleisch und Alkohol zum Zeichen der christlichen Buße und inneren Einkehr. Der Körper sollte gereinigt und der Geist frei werden. Die Entbehrung stellte die Menschen auf eine harte Probe, und obwohl eine Mahlzeit am Tag erlaubt war, wog der Verzicht sehr schwer.
Es waren italienische Paulaner-Mönche aus dem Kloster Neudeck in München, die einen Schlupfwinkel in der Fastenzeit entdeckten.
Inspiriert von dem Motto „Liquida non frangunt ieunum“ – was flüssig ist, bricht Fasten nicht, machten sie es sich zur Aufgabe, ein kräftigendes und kalorienreiches Bier zu brauen. Da dieses dem Alkohol zugeordnet und somit in der Fastenzeit verboten war, mussten sich die Mönche erst die Erlaubnis des Papstes einholen. Aus Erzählungen weiß man, dass die Kostprobe auf dem Weg von München nach Rom zum Papst verdarb und so entsetzlich schmeckte, dass das Kirchenoberhaupt bedenkenlos seine Zustimmung gab. Von da an hatten die Mönche die Erlaubnis, sich in der Fastenzeit fünfmal täglich mit dem „flüssigen Brot“ zu stärken. Aufgrund dessen, dass die Mönche nicht ihr gesamtes Starkbier selbst trinken konnten, verkauften sie es mit kurfürstlicher Genehmigung an die Dorfbevölkerung. Diese ward mit dem „flüssigen Brot“ in der Fastenzeit versorgt und die Klosterkasse wurde durch die Verkäufe ebenfalls aufgebessert.
Aus Dank an den Kurfürsten Karl-Theodor, dem damaligen Landesvater, erhielt dieser zu Beginn jeder Fastenzeit die erste Maß Starkbier mit den Worten „Salve pater patriae“. Was so viel bedeutet wie - Heil Dir Landesvater.
Die Geschichte des Starkbiers nahm fortan seinen Lauf und die Tradition „Fastenzeit ist Starkbierzeit“, erfreut sich bis heute einer großen Beliebtheit. Seit dem Jahr 1965 erhält der bayerische Ministerpräsident mit eben dieser Huldigung des heiligen Landesvaters das erste Starkbier zu Beginn von Bayerns fünfter Jahreszeit.
Dieses Brauchtum haben sich viele Brauerei-Wirtshäuser zunutze gemacht und feiern die Fastenzeit mit zahlreichen Starkbierfesten. Vom jeweiligen Jahr abhängig werden die Starkbierfeste ca. vier Wochen von Anfang März bis Anfang April gefeiert.
Auf dem Münchner Nockherberg findet die bekannteste Starkbierprobe im Paulaner Keller statt.
Der Startschuss für das dortige Starkbierfest ist immer das traditionelle Politikerderblecken (Verspotten). Das Derblecken ist ein politisches Kabarett mit Festrede anschließendem Singspiel, in dem regionale und überregionale Politiker auf humorvolle Weise verspottet werden. Die politische Prominenz ist bei diesem Event anwesend und hofft inständig, ordentlich gederbleckt zu werden. Den wer nicht erwähnt wird, so lässt sich erahnen, war im abgelaufenen Politikerjahr auch nicht die Rede wert.
Welches Bier wird den nun genau in der Fastenzeit ausgeschenkt?
Dafür habe ich dir eine kleine Bierkunde vorbereitet.
Das bayerische Bockbier ist ein vollmundiges, süffiges Bier mit mindestens 6,5% Alkoholgehalt und einer Mindeststammwürze von 16%. Dieses qualitativ schwere Bier möchte genossen und nicht verschlungen werden und eignet sich hervorragend für Genießer.
Der Doppelbock wurde dem Papst damals zur Kostprobe gereicht und schmeckte nach dem langen Transport offen gelagert mehr als greislich. Frisch und kühl gelagert hat er ein Alkoholwert von 5-12 % und eine Stammwürze von 18 %. Er ist vollmundig und malzbetont und wird in heller und dunkler Art gebraut.
Der Eisbock aus Franken, auch „Bayrisch G’frorns“ genannt, kommt hingegen auf nahezu 25 % Stammwürze- und über 8 Vol. % Alkoholgehalt und zählt somit zu den stärksten Biersorten in Bayern. Es handelt sich um fertig gebrautes Bockbier, dem durch Einfrieren der überwiegende Wasseranteil entzogen wird. In der Mitte der gefrorenen Masse bleibt ein Kern aus Bockbierextrakt übrig, der aufgrund des hohen Alkoholanteils nicht gefroren ist. Dieses Konzentrat, das Eisbock, hat eine Stammwürze von 24 % und einen Alkoholgehalt von ca. 9 %.
Die Farbe des Eisbocks ist tiefbraun, fast Schwarz. Es hat einen vollmundigen, öligen Charakter mit kräftigem, süß-malzigen Geschmack, der an eine Mischung aus Schokolade, Karamell und Kirsche erinnert, gepaart mit intensivem Duft. Das schwere, aber doch süffige Getränk ist durch seinen hohen Kalorienanteil sehr nahrhaft. Nicht zuletzt deshalb und wegen des hohen Alkoholgehaltes wird es nur in kleinen Mengen getrunken. Es kommt überwiegend als Aperitif zum Einsatz, wird manchmal aber auch als Dessert in Verbindung mit Vanilleeis serviert.
Die großen Münchner Brauereien brauen alle ihr eigenes Starkbier, das sie unter „stark klingenden“ Namen vertreiben, wie zum Beispiel "Animator" (Hacker-Pschorr), "Maximator" (Augustiner), "Optimator" (Spaten), "Triumphator" (Löwenbräu) oder "Delicator" (Hofbräu).
Das bekannteste Starkbier ist allerdings immer noch das Original: "Salvator" von der Paulaner Brauerei.